[Rezension] Über Freundschaft, Erwachsenwerden und Lebensträume
Rezension

[Rezension] Über Freundschaft, Erwachsenwerden und Lebensträume

Als wir unbesiegbar waren von Alice Adams

Sommer, 1995. Die vier Freunde Eva, Benedict, Sylvie und Lucien verleben ihren letzten gemeinsamen Sommer. Denn das Ende ihrer Studienzeit markiert den Wendepunkt in ihrer aller Leben. Während die einen feste Pläne für ihr Leben haben, geben die anderen sich unerreichbaren Träumen hin. Doch mit der Zeit und den Veränderungen, die eintreten, driften ihre Beziehungen auseinander. Jeder von ihnen erlebt alleine Höhe- und Tiefpunkte und alle fragen sich, warum es so schwer ist, Freundschaft am Leben zu erhalten?

Was bereut man im Leben?

Alice Adams erzählt in ihrem Debütroman einerseits von Freundschaft, aber auch vom Verlust der Jugend und Unbeschwertheit. Über 20 Jahre folgen wir den vier Freunden und erfahren wechselnd aus ihrer jeweiligen Sicht von Verlusten, Ängsten und Fehlern. Und immer schwingt die Frage mit, woran liegt es, dass sich ihr Leben nicht so entwickelt, wie sie es sich vorstellten?

Die vier könnten unterschiedlicher nicht sein: Eva möchte ein sorgenfreies Leben, sie wird Brookerin, kämpft mit ihren Idealen und verliert schließlich in einer nicht zufällig an die Finanzkrise von 2007 erinnernden Krise alles. Sie ist es auch, die im Mittelpunkt steht und über lange Zeit die Beziehungen zu den anderen drei am Leben erhält. Obgleich die lebenslustige Sylvie und ihr draufgängerischer Bruder Lucien eher das Zentrum der Freundschaft ausmachen, so ist es doch Eva, die den Kontakt über eine lange Zeit erhält. Doch auch die Leben der anderen erfahren ihre Höhe- und Tiefpunkte und so bringt jeder Perspektivwechsel eine andere Sichtweise auf die Freundschaft und das Leben mit sich. Jeder wähnt sich in dieser Geschichte als richtig handelnd und dennoch übersehen sie alle die Probleme anderer, teils aus Sorglosigkeit, teils aus Unkenntnis. Dennoch liest sich der Roman trotz der ambivalenten Lebensläufe und der vielen geschilderten Probleme sehr locker.

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Und obgleich viele ernste Themen versteckt werden, enthält der Roman auch viele schöne und einfache Lebensweisheiten. So fragen sich die vier oft, welchen Weg ihr Leben genommen hätte, wenn sie andere Entscheidungen für sich getroffen hätten. So lernt Sylvie von ihrer Großmutter, dass sie nicht die Welt ändern kann, aber sich selbst. So begreift Eva, dass von außen betrachtet die Oberfläche immer glücklich erscheint. Und so realisiert Benedict, dass es zwei braucht um eine Freundschaft zu erhalten. Diese leichten Lebensweisheiten, die doch gleichzeitig einfach und dennoch schwer wirklich zu begreifen sind, werden sehr locker in die im Hintergrund spielende Handlung eingebunden. Denn eigentlich geht es in dem Roman, der im englischen Original „Invincible Summer“ heißt und überwiegend im Sommer spielt, nicht um die konkrete Handlung, nicht einmal um die vier Lebensgeschichten, sondern um Freundschaft, um die Frage, woran man sich erinnert und darum, wie man Glück definiert und das eigene Leben bewertet. Dass ihre Träume vom Leben sich nicht erfüllen, das ist anfangs sicher ungemütlich, am Ende enthüllen sich jedoch auch neue Chancen. Die Handlung ist dabei so in den Hintergrund gerückt, dass es mehr um die Innensicht und die innere Einstellung der vier Freunde geht als darum, ob ihre Träume sich noch erfüllen werden. Am Ende bleibt die Erkenntnis zurück, dass nichts einfach und eindimensional ist. Die Ambivalenz zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung machen für mich diesen Roman besonders aus. Erfolg und Glück sind immer nur temporär, diese Erkenntnis wirkt auch noch nach dem Lesen nach.

Fazit: Ein schöner, ruhiger Roman mit sommerlicher Leichtigkeit, in dem dennoch viel Tiefgang steckt.


Weitere Meinungen

Als wir unbesiegbar waren – Alice Adams auf Lecture of Life (negativ)

Alice Adams: Als wir unbesiegbar waren in Vanessas Bücherecke (positiv)


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Als wir unbesiegbar waren von Alice Adams
Dumont
gebunden
336 Seiten, 20 Euro
ISBN 978-3-8321-9841-1

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