[Rezension] Ein Kurzroman mit Wucht und viel Inhalt: "Das Leuchten am Rande des Abgrunds" von Stella Delaney
Rezension

[Rezension] Ein Kurzroman mit Wucht und viel Inhalt: „Das Leuchten am Rande des Abgrunds“ von Stella Delaney

Obwohl mein Osterurlaub schon eine Weile her ist, wollte ich euch unbedingt noch das feine kleine Buch von Stella Delaney vorstellen, das mir ein paar wunderbare Lesestunden am Strand beschert hatte. Die nächste Ferienzeit rückt ja erfreulicherweise auch schon wieder näher…

Vormerkungen

Ganz untypisch starte ich noch kurz mit einer persönlichen Vorgeschichte: Für die Lesechallenge #WirLesenFrauen von Eva-Maria war ich während der Buchmesse gezielt auf der Suche nach einem Buch aus einer Autorinnenvereinigung (Hier geht’s nochmal zu meiner persönlichen #WirLesenFrauen-Leseliste). Die meisten Bücher, die in den mir bekannten Vereinigungen erscheinen, sind jedoch rein vom Genre eher nicht mein Fall. Daher war ich schon ein wenig verzweifelt, welches Buch ich für diese Aufgabe nehmen sollte. Auf der Messe wollte ich dann am Nornennetz-Stand in das Buch Das Leuchten am Rande des Abgrunds reinlesen, als ich auf einmal von der Autorin Stella Delaney angesprochen wurde (die ich natürlich nicht mal erkannt habe, weil ich mir ja keine Gesichter geschweige denn Namen merken kann). Sie hat mir das Buch dann freundlicherweise als Leseexemplar geschenkt, sodass ich vorab gar nicht mehr reingelesen habe und als ich das Buch im Urlaub dann zur Hand nahm konnte ich mich an den Klappentext schon kaum mehr erinnern. Ehrlich gesagt rechnete ich mit einer simplen in einer dystopischen Welt angesiedelten Liebesgeschichte und wurde aufs angenehmste überrascht! Aber lest selbst:

Das Leuchten am Rande des Abgrunds von Stella Delaney

Sam verbringt seine Tage überwiegend einsam, seit seine Freundin sich vom ihm trennte und er der Widerstandsgruppe den Rücken gekehrt hat. Doch dann findet er im Wasser eine Fremde, rettet ihr das Leben und nimmt sie bei sich auf. Alexis verbirgt vieles von ihm, dennoch kommen die beiden sich näher. Um ihr zu helfen, nimmt er wieder Kontakt zur Widerstandsgruppe auf und erfährt von einer bevorstehenden Katastrophe. Sieben Tage bleiben ihm und den anderen, um viele Menschenleben zu retten. Doch die Anführerin der Widerstandskämpfe hat eigene Interessen und Sam kann ihr nicht mehr vertrauen. Kann er die Katastrophe alleine verhindern?

Rasante Handlung und viel Inhalt

Der Roman startet bereits an der Stelle, an der Sam wieder in Kontakt mit der Widerstandsgruppe ist. Die Vorgeschichte wird nur sehr knapp im Laufe der weiteren Entwicklung angerissen, wobei vieles auch erst nach und nach enthüllt wird. Die Handlung selbst entwickelt sich rasant, was angesichts von nur 176 Seiten wohl verständlich ist, da hat man keine Zeit zu verlieren. Was mich anfangs ein wenig irritierte war, dass der Roman in weiten Teilen aus Sams Perspektive geschrieben ist, die kurzen Einblicke in Alexis‘ Gedankenwelt bleiben so mysteriös wie die Figur. Da ich auf vornehmlich auf eine Liebesgeschichte eingestellt war, irritierte mich das sehr, zur Geschichte selbst und der Entwicklung passte diese Perspektive allerdings viel besser! Nach kurzer Irritation hatte ich also mich daran gewöhnt und fand es dann sogar sehr angenehm. Die dystopische Welt, in der sich der Roman bewegt, bleibt leider ein wenig unscharf. Eine durch Naturkatastrophen veränderte Welt wird zwar durch viele Verweise dargestellt und es wird kurz dargelegt, wie die Regierungsmacht bestehend aus dem Konzern Manticor die Kontrolle übernehmen konnte, dennoch bleiben die genauen Lebensverhältnisse im Dunkeln. Und so ist auch, abseits einer allgemeinen Antipathie gegen Großkonzerne, nicht ganz eindeutig, wofür die Widerstandsgruppe kämpft. Der Grundkonflikt ist also irgendwie klassisch: Die einen sind böse und auf ihren eigenen (wirtschaftlichen) Vorteil bedacht und die anderen an der Rettung von Menschenleben interessiert. Schön fand ich, dass sich innerhalb der Widerstandsgruppe einige Personen fanden, die bereit waren Einzelne zu opfern, eine ähnliche Ambivalenz zwischen Gut und Böse hätte ich mir auch für Manticor gewünscht, der Konzern bleibt allerdings eher als omiöse böse Schreckensfigur im Hintergrund, aber das war vielleicht auch der Kürze des Romans geschuldet. Insgesamt spitzt sich die Handlung sehr schnell auf die sich anbahnende Katastrophe und den Konflikt zwischen Manticor und Widerstandsgruppe zu.

Sam als Figur fand ich sehr spannend, denn er ist sehr idealistisch und mitfühlend. Trotzdem hat er seinen eigenen Kopf und versucht deshalb seinen eigenen Plan gegen den Willen der Widerstandsgruppe durchzusetzen, die vor allem auch ihre eigenen Interessen durchsetzen möchten und dabei auch moralisch fragwürdig handeln. Sam entwickelt sehr schnell Gefühle für Alexis und verschließt daher die Augen vor den offenen Fragen, die Alexis nicht beantworten möchte, die sich aber immer wieder andeuten. Das fand ich die größte Schwachstelle der Figur, denn angesichts von Alexis Tiefschichtigkeit hätte Sam durchaus stärker nach Antworten suchen können. Er scheint nicht einmal sonderlich bemüht etwas über Alexis herauszufinden, weitaus mehr Informationen über Alexis erhält der Leser durch die Widerstandsgruppe. So bleibt Alexis fast den gesamten Roman über das zentrale Geheimnis, das der Leser entschlüsseln möchte. Zum Ende hin wurde dann noch einmal eine komplette Wendung vollzogen und die Auflösung erinnerte mich eher an Science Fiction, was ich aber an der Stelle auch nicht schlecht fand. Ich glaube, dass man die Geschichte (rein vom Inhalt) her noch um einige Kapitel hätte ausbauen können, denn eigentlich steckt da so viel interessantes drin, das es im Roman fast schon zu sehr zusammengequetscht wird. Ich hätte jedenfalls auch noch 100 weitere Seiten gelesen, so gelungen fand ich die Geschichte.

Fazit: Überlebenskampf zwischen Konzernmacht und Widerstand im Post-Klimawandel-Setting. Interessante Figuren und ein Hauch von Sci-Fi, dazu so viel Inhalt, dass der Kurzroman fast platzt. Bescherte mir ein paar angenehme Lesestunden am Strand!


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Das Leuchten am Rande des Abgrunds von Stella Delaney
176 Seiten
epubli (Selfpublishing)

Dieses Buch habe ich von Stella Delaney auf der LBM kostenfrei geschenkt bekommen. Herzlichen Dank!

2 Kommentare

  • Stella

    Vielen, vielen Dank für eine grossartige Rezi mit vielen tiefgehenden Gedanken <3

    (Und ein ganz tolles Bild. Das Buch passt natürlich sehr gut an den Strand – siehe den Ausflug von Sam und Alexis im zweiten Teil; eine Szene, die ich sehr gerne vorlese, weil sie viele Details andeutet aber noch nicht wirklich enthüllt.)

    • Jennifer

      Liebe Stella,

      sehr, sehr gerne doch! Freut mich sehr, dass du so begeistert bist 😀
      Ich fand ganz insgesamt, dass sehr viele Andeutungen gemacht wurden, einige haben mich zuerst auch ein wenig in die Irre geführt 😉
      Bin schon sehr gespannt auf weitere Geschichten aus dieser Welt!
      Viele Grüße
      Jennifer

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