[Rückblick] Köln, die Zweite
Rezension

[Quick-Tipp] Der Hass auf das Andere: „Gegen den Hass“ von Carolin Emcke

Woher kommt Hass? Brauchen wir das Andere um überhaupt hassen zu können? Carolin Emcke denkt nach über Mechanismen, Hintergründe und Hass im Allgemeinen. Ich habe das Buch während meines Themenmonats „HateSpeech“ gelesen, da es aber weniger um den Umgangston im Netz ging, passte es thematisch nicht ganz. Vorenthalten will ich euch das Buch aber nicht:

Gegen den Hass

In ihrem Essay Gegen den Hass denkt Carolin Emcke über die Strukturen von Hass nach. In drei großen Themenkapiteln nähert sie sich dem Hass auf eine sehr analytische Weise. Zunächst deckt sie Mechanismen des Hasses auf und zeigt anhand von bekannten Beispielen aus der Presse wie sich im Hass ein Anderes konstruiert. Im Gegensatz dazu steht die Konstruktion eines Wir, das einerseits übergreifend Individuen zu verbinden vermag, die äußerlich nicht vieles gemeinsam haben. Auf der anderen Seite ist aber erst das kollektive Wir im Stande, ein Anderes als Gegensatz zu benennen und damit Grenzen zu ziehen. Zum Abschluss plädiert sie für das Unreine und Vermischte.

Theorie, nicht Praxis!

Emcke geht von einem sehr analytischen Standpunkt aus an das Problem des Hasses heran. Zwar sind ihre Beispiele bekannt und sie analysiert nachvollziehbar, doch für absolute Einsteiger ist das Buch weniger geeignet. Das Thema ist komplex und auch bei einer verständlichen Sprache muss man sich hineindenken. Wer sich jedoch auf das Buch einlassen kann, für den hält Gegen den Hass vieles bereit. Auf anschauliche Art schlägt Emcke den Bogen von Individualität, der Konstruktion des Anderen bis zu seiner Ablehnung. Leider bietet das Buch keinerlei Lösungsansätze, sondern wiederholt eher implizit bekanntes. Doch in der heutigen Zeit kann es sicher nicht schaden, dem Hass immer wieder zu erklären und ihm die Stirn zu bieten.

Fazit: Für mich eines der grundlegenden Werke für das Nachdenken über Hass. Analytisch, verständlich, nachvollziehbar! 


Weitere Meinungen

„Manches im Buch wiederholt sich, wirkt beschwörerisch. Nichtsdestotrotz enthält es wichtige Beobachtungen in einer Sprache, die nicht nur für die zugänglich ist, die ohnehin bereits alles wissen.“ bei Literaturen


Das Buch

Gegen den Hass von Carolin Emcke
erschienen 2016
S. Fischer

Ein Kommentar

  • Max Philipp Wehn

    Interessanter Buchtipp, weil leider so aktuell wie nie! Was scheinbar fehlt, ist eine historische Perspektive, der wir uns im Themenmonat #hatespeech unseres Blogs „Alles ist Geschichte!“ genähert haben. Vieles von dem, was Carolin Emcke beschreibt, vor allem die Konstruktion des Wir gegen die Andersartigen, ist kein aktuelles Phänomen, sondern hat schon in der Vergangenheit so funktioniert – nur dass der „Staat“ nicht gegen den Hass selbst, sondern gegen die Auswirkungen und Symptome von hatespeech (i.d.R. physische Gewalt) vorgegangen ist, indem er sein Gewaltmonopol wahrgenommen hat und beispielsweise gegen das Fehdewesen (oftmals die Folge von Beleidigungen und Ehrverletzungen) vorgegangen ist und Rechtssicherheit geschaffen hat.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert